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Siedlung

Erfahren Sie mehr über die Häuser der Werkbund­ausstellung 1927.

Die Weissenhofsiedlung in Stuttgart gehört zu den weltweit bekanntesten Bauwerken der Moderne, denn hier bauten die führenden Architekten dieser Epoche zusammen an einem Ort. Ihre besondere Bedeutung verdankt die Siedlung jedoch auch dem Umstand, dass sie 1927 im Rahmen einer Bauausstellung zum modernen, zukunftsweisenden Wohnungsbau entstand. Der Werkbund als Organisator ermöglichte den beteiligten Architekten, ihre neuartigen Ideen idealtypisch und weitgehend ohne einschränkende Vorgaben zu zeigen.

Nicht nur die kubische Formensprache, das Flachdach oder das typische Fensterband waren überraschend für die damaligen Ausstellungsbesucher, sondern ebenso die großen, mehrfunktionalen Wohnbereiche und Terrassen. Sie sollten gesundes, flexibles und freizügiges Wohnen fördern. Weiterhin legte man großen Wert auf die moderne Ausstattung der Küchen, der Bäder sowie der gesamten Haustechnik. Und nicht zuletzt ging es um den Einsatz kosten-günstiger, normierter und variabel kombinierbarer Baukonstruktionen und Baumaterialien. Hinter all dem stand der Grundgedanke, die Wohn- und Lebensverhältnisse für die gesamte Bevölkerung entscheidend zu verbessern und gute, finanzierbare Wohnungen zu schaffen.


1-4
Mies van der Rohe

Wohnblock

Geschosse Vier
Wohnungen Vierundzwanzig
Quadratmeter Achtundvierzig bis Achtzig

Konstruktion als Eisenfachwerk mit Füllungen aus Ziegelsteinen. Allein die Treppenhäuser, Küchen und Bäder sind als konstante Räume angelegt. Die übrigen Flächen sind durch nichttragende Innenwände aus Bimsdielen oder Sperrholztafeln flexibel unterteilbar.

Neben Mies van der Rohe übernahmen 29 Architekten die Aufteilung und Einrichtung der Wohnungen, u.a. Lilly Reich, Ferdinand Kramer, Heinz und Bodo Rasch sowie ein Kollektiv des Schweizer Werkbunds. In drei Wohnungen stellte Mies van der Rohe erstmals seinen gekurvten Freischwinger aus Stahlrohr aus, den sogenannten Weissenhofstuhl.

Mit seinem Wohnblock etablierte Mies van der Rohe ein Entwurfsthema, das sich durch sein gesamtes Werk zieht: Die Trennung von Stütze und Wand und die daraus folgende Flexibilität des Grundrisses, wie auch der Barcelona Pavillon oder die Neue Nationalgalerie Berlin zeigen.

5-9
Pieter Oud

Reihenhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Fünf
Quadratmeter Dreiundsiebzig

Oud hatte als Stadtarchitekt im Rotterdamer Wohnungsbauamt 1927 bereits reiche Erfahrungen. Seine Stuttgarter Reihenhäuser zeigen einen beispielhaften Ausschnitt einer Siedlung. Sie blieben sein einziges realisiertes Projekt außerhalb von Holland.

Von beiden Längsseiten führen Eingänge in das Haus, so dass der Privateingang zum Wohnzimmer und der Wirtschaftseingang durch den Küchenhof zu Waschküche und Küche voneinander getrennt sind, was erlaubt, die Flurflächen zu minimieren. Überhaupt legte Oud großen Wert auf die funktionale Organisation der Arbeitsabläufe. So sollte die nasse Wäsche mit einem Aufzug von der Waschküche in den darüber liegenden Trockenraum transportiert werden. Im Obergeschoss waren eine Kleiderkammer, Bad und WC sowie drei Schlafräume untergebracht. Das gesamte Haus wurde mit einer Warmluftheizung versorgt.

10
Victor Bourgeois

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertzwanzig

Es handelt sich um eines der beiden privat finanzierten Häuser der Weissenhofsiedlung. Der Bauherr, der Kunsthistoriker Dr. Boll, hatte zunächst Adolf Loos als Architekten engagiert, doch die Ausstellungsleitung entschied wegen zahlreicher älterer Konflikte dagegen. Auf Ansuchen der belgischen Regierung erhielt schließlich Victor Bourgeois den Auftrag. Er zählt zu den führenden Avantgardearchitekten der 1920er Jahre Belgiens. An seinem Entwurf fallen mehrfach Rundungen auf, z.B. am Balkon oder an der Wand um die Badewanne. Die Farbgebung im Inneren konzipierte Bourgeois zusammen mit Willi Baumeister.

11
Adolf G. Schneck

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertzweiundfünzig

Schneck war seit 1923 Professor für Innenarchitektur und Möbelbau an der benachbarten Kunstgewerbeschule. Er publizierte über Stühle, Fenster, Türen und Polstermöbel. Dass er daneben auch als Architekt tätig war, wird oft vergessen, da er eher traditionell zurückhaltend baute. Ausnahmen stellen seine beiden Weissenhof-Häuser dar, sowie zwei spätere Varianten von 1928 westlich des Ausstellungsgeländes. Sein architektonisches Hauptwerk ist das moderne Erholungsheim „Haus auf der Alb“ in Bad Urach von 1929/1930.

 

 

Haus 11 ist seit 1960 in zwei Mietwohnungen unterteilt und im Inneren verändert.

12
Adolf G. Schneck

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertzwanzig

Schneck entwickelte einen Haustyp mit einer tragenden Mittellängswand, den er von englischen Reihenhausgrundrissen in Garten- oder Arbeitersiedlungen ableitete. Dies ermöglichte ihm im Planungsstadium durch flexible Anordnung der Räume viele Hausvarianten zu entwerfen. Das Haus kann sowohl als Einzelhaus, als auch als Doppel- oder als Reihenhaus errichtet werden. Außergewöhnlich ist vor allem der große Balkon, zu dem sich das Badezimmer vollständig öffnen ließ. Er diente als Luftbad der Förderung der Gesundheit.

13
Le Corbusier & Pierre Jeanneret

Einfamilienhaus

Geschosse Vier
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertzwanzig

Das Einfamilienhaus entspricht Le Corbusiers Typ “Citrohan”. Inspiriert dazu hatte ihn eine Pariser Kutscherkneipe mit doppelgeschossigem Hauptraum und Empore. So ragt in das 4,60 m hohe Wohnzimmer des Stuttgarter Einfamilienhauses eine offene Galerie hin. Darunter liegt ein Essplatz mit offenem Kamin, nochmals dahinter, auf minimaler Fläche, eine Küche und ein Haumädchenzimmer. Die hinteren Räume auf der Galerieebene werden als Schlafzimmer und Badezimmer genutzt. Sie sind durch dreiviertelhohe, geschwungene Wandelemente nur optisch abgeteilt. Das Hausvolumen wird so als großzügiges und offenes Raumkontinuum erlebt. Zwei weitere Schlafräume mit großer Dachterrasse liegen im obersten Geschoss.

Den Haustyp „Citrohan“ verfolgte Le Corbusier seit 1920 durch sein gesamtes Werk hindurch: Auch seine nach 1945 realisierten Wohnhochhäuser „Unité d’habitation“ basieren darauf.

1984 wurde die ursprüngliche Farbigkeit am Außenbau wiederhergestellt.

14+15
Le Corbusier & Pierre Jeanneret

Doppelhaus

Geschosse Drei
Wohnungen Zwei
Quadratmeter Hundertdreißig und Hundertdreizehn

Einzigartig in der Weissenhofsiedlung war der „transformable“ Wohnraum im Obergeschoss. Am Tag dient er als Wohnzimmer, für die Nacht wurde er mit Schiebewänden in Schlafkabinen umgebaut. Eigens dafür wurden Schiebebetten auf Metallkufen entworfen, die am Tag in gemauerten Einbauschränken verschwanden. Ideengeber für die doppelte Raumnutzung war der Reisezug, weshalb der rückwärtige Flur mit 60 cm Breite das Maß damaliger Zugkorridore aufnahm. Zugleich werden hierdurch Assoziationen an Technik und Maschine, an Geschwindigkeit und Fortschritt wachgerufen.

Das Haus veranschaulicht modellhaft Le Corbusiers Programm “5 Punkte für eine Neue Architektur”: 1. die Pfosten, 2. die Dachgärten, 3. die freie Grundrissgestaltung, 4. das Langfenster und 5. die freie Fassadengestaltung sind abhängig von der Konstruktion des Hauses als Skelettbau, wodurch Wände und Öffnungen unabhängig von der Lastabtragung angeordnet werden können.

16
Walter Gropius

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertdreißig

Gropius betrachtete seine beiden Häuser 16 und 17 als Versuchsbauten, um in Zukunft schneller, billiger und witterungsunabhängig zu bauen. Was im Siedlungsbau durch große Baumaschinen erreicht werden konnte, sollte für das Einfamilienhaus die Vorfabrikation leisten. Beide Häuser basierten auf einem Grundraster von 1,06 x 1,06 m und der Verwendung von genormte Türen und Fenstern. Wie in einem Baukastensystem konnten so vielfältig Hausvarianten erbaut werden.

17
Walter Gropius

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertvierzig

Haus 17 ist ein Trockenmontagebau aus industriell vorfabrizierten Bauteilen und kann in Serie hergestellt werden. Es ist ein Fertighaus, das vollständig auf verputzte Flächen verzichtet. Unabhängig von der Witterung oder der Jahreszeit kann es in wenigen Tagen aufgestellt werden. Der Bauhausdirektor Walter Gropius präsentiert damit auf der Weissenhof-Ausstellung die Ergebnisse seiner langjährigen Arbeit zur Industrialisierung des Wohnungsbaus durch Typenhäuser, Baukastensysteme, Vorfabrikation oder Fließarbeit.

18
Ludwig Hilberseimer

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundertdreiundzwanzig

Hilberseimer betrachtet das Haus als Gebrauchsgegenstand. Die ideale Wohnform für kinderlose Paare oder Einzelpersonen sah er im städtischen Boardinghaus, während kinderreiche Familien in großstädtischen Park- und Gartensiedlung wie in der Weissenhofsiedlung wohnen sollten. Er wurde vor allem durch seine architekturtheoretischen Schriften zur Stadtplanung, sowie durch seine Lehrtätigkeit am Bauhaus Dessau und am ITT Chicago bekannt. Für die Weissenhof-Ausstellung leitete er die Internationale Plan- und Modellausstellung Neuer Baukunst in den Städtischen Ausstellungshallen am Schlossplatz.

19
Bruno Taut

Einfamilienhaus

Geschosse Zwei
Wohnungen Eine
Quadratmeter Hundert

Das auffälligste an Haus 19 war seine Farbigkeit: Die Fassaden waren Rot, Blau, Grün und Gelb. In den Innenräumen kamen bis zu sechs unterschiedliche Grundfarben nebeneinander vor. Dies war vermutlich auch der Grund, weshalb Bruno Taut, der schon mehrfach durch außergewöhnliche Bauten aufgefallen war, erst nach Absagen Anderer zur Weissenhof-Ausstellung eingeladen wurde.

20
Hans Poelzig

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertvierzig

Außenwände und tragende Innenwände aus Holzbeton-Fachwerk mit Holzbetonplatten verkleidet. Nichttragende Innenwände als Holzleichtbauwände.

Poelzig nannte als Zielgruppe seines Hauses den „geistigen Arbeiter“. Außerdem legte er großen Wert darauf, der berufstätigen Hausfrau die Arbeit durch eine rationelle, praktische Architektur zu erleichtern. Manchen Zeitgenossen verblüffte der einfache Flachdachbau, denn ansonsten war der Berliner Architekt eher durch ausdruckstarke Großbauten und mächtige Dachlandschaften hervorgetreten. Das Stuttgarter Haus nimmt in seinem Werk ebenso eine Sonderstellung ein, wie sein eigenes Wohnhaus, das er nur drei Jahre später zusammen mit seiner Frau und Partnerin Marlene Poelzig baute. Obwohl nirgends schriftlich belegt, schrieben die Zeitgenossen deshalb Marlene Poelzig auch Anteile an dem Weissenhof-Haus und seiner Ausstattung zu. Auffallend waren die farbigen Schleiflackmöbel mit ostasiatischen Anklängen und farbigen Wandverkleidungen.

Das kriegszerstörte Haus wurde 1949 durch ein Neubau mit Satteldach ersetzt.

21
Richard Döcker

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertachtzehn

Wände und Decken auf betoniertem Sockel in Feifel-Zickzack-Holzbauweise. Im Erdgeschoss werden durch Niveauunterschiede drei Raumeinheiten gebildet: 1. Der Eingangsbereich mit Toilette, Hausmädchenzimmer, Küche und Veranda; 2. Das Wohn-Esszimmer mit großer Terrasse samt Duschgelegenheit, wobei der Essbereich emporenartig auf das Niveau der Küche angehoben ist; 3. Die Schlafzimmer für Eltern und Kinder sowie das Bad. Eingerichtet war das Haus größtenteils mit Möbeln nach eigenen Entwürfen des Architekten.

Als wichtigstem Vertreter des Neuen Bauens in Stuttgart übertrug man Richard Döcker auch die örtliche Bauleitung für die gesamte Weissenhofsiedlung.

Nach der Zerstörung des Hauses im Jahr 1944 blieb das Grundstück unbebaut. Als temporäres Projekt wurde 2014 hier das Aktivhaus B10 von Werner Sobeck errichtet.

22
Richard Döcker

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertfünf

Holzskelett auf betoniertem Sockel, mit Holzzementplatten verkleidet und verputzt. Zwischendecken aus Zementhohldielen. Dach als Holzkonstruktion mit Holzzementplatten und Torffüllung.

Auf der großen Dachterrasse befanden sich eine Dusche mit kaltem und warmem Wasser, eine Sprossenwand für Turnübungen und schützende Vorhänge. Von hier aus konnte man sowohl das Wohnzimmer als auch das Badezimmer erreichen. Letzteres war großzügig bemessen, um zugleich als Turnraum zu dienen.

Haus 22 war das einzige der gesamten Weissenhofsiedlung, das eine Autogarage besaß.

Nach Zerstörung 1944 wurde das Haus 1951 durch einen Neubau mit drei Wohnungen ersetzt.

23
Max Taut

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertzehn

Eisenskelett mit Wärmedämmplatten. Die Innenwände sind mit Gipsplatten und verputzt. Die Außenwände besitzen eine Verkleidung aus unterschiedlich farbigen Zementplatten, die die Skelettkonstruktion am Außenbau abbildeten.

Nach kurzfristiger Absage des Innenarchitekten Julius Metzke-Rovira wurde Haus 23 während der Ausstellung unmöbliert gezeigt.

Obwohl das Haus den Zweiten Weltkrieg überstand und bis in die 1950er Jahre bewohnt war, brach man es zwischen 1957 und 1959 wegen „Baufälligkeit“ ab und ersetzte es durch ein neues Zweifamilienhaus.

Max Taut widmete sich erst Ende der 1920er Jahre verstärkt dem Thema Siedlungsbau. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird es zu seiner zentralen Bauaufgabe.

24
Max Taut

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertfünfzehn

Eisenskelett mit Wärmedämmplatten. Innenwände mit Gipsplatten und Verputz, Außenwände mit Zementplatten verkleidet. Noch vor Ausstellungseröffnung wurde die farbige Außenverkleidung aus kobaltblauen und chromgelben Zementplatten wegen Mängeln der Glasuren überstrichen. ´

Mit dem halbrunden Baukörper samt eingemauertem Kaminblock greift Max Taut das in den 1920er Jahren beliebte „Dampfermotiv“ auf.

Die Innenausstattung übernahm der Stuttgarter Richard Herre, der zeitweilig auch als Architekt eines eigenen Ausstellungshauses im Gespräch war. Viele der gezeigten Möbel, Lampen, Vorhänge und Teppiche gingen auf eigene Entwürfe Herres zurück, vermutlich ebenso die reiche Farbigkeit der Innenräume.

Haus 24 blieb nach Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bis in die 1950er Jahre unbewohnt. 1956 errichtete man schließlich ein neues Zweifamilienhaus, das in etwa die ursprüngliche Grundfläche einnimmt.

25
Adolf Rading

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertsechsundvierzig

Eisenskelett, mit Wärmedämmplatten, außen mit Bimsbetonplatten, innen mit Gipsplatten verkleidet.

Das Haus soll ein „mittleres normales Wohnbedürfnis“ befriedigen und durch Längserstreckung große Weiträumigkeit schaffen. Der großzügige Hauptraum konnte durch Falttüren in verschiedene Bereiche unterteilt werden. Die Trennung von Hausarbeit und Wohnen wollte Rading aufheben. So liegt etwa der Hauswirtschaftsraum als einer der meistgenutzten Räume im Obergeschoss direkt neben der Sonnenterrasse. Häufig kritisiert wurden die auf Putz geführten Strom-, Wasser- und Gasleitungen, die zudem farblich differenziert waren.

Haus 25 wurde bis 1954 bewohnt und erst 1956 wegen angeblich schlechten Bauzustandes und unzweckmäßiger Grundrisse abgerissen. Man ersetzte es durch ein Mehrfamilienhaus mit vier Mietwohnungen.

26+27
Josef Frank

Doppelhaus

Spiegelbildlich angeordnete Häuser Zwei
Quadratmeter (je Haus) Hundertfünfunddreißig

Massivbau aus Bimshohlblocksteinen mit Eisenbetondecken.

Dem strengen Rationalismus des Neuen Bauens stand Frank kritisch gegenüber und sprach sich für eine absichtsvolle Unordnung und eine lebensfähige Moderne aus. Dies spiegelt sich etwa in der variationsreichen Größe und Ausführung der Fenster und Türen an der Straßenfassade wieder, ebenso wie an der Innenausstattung mit Polstersofas, Sessel, Holzstühle, Kissen, Fellen und Teppichen. Frank verwendete dabei zahlreiche eigene Möbelentwürfe seiner Wiener Firma „Haus und Garten“.

Eine zweite Besonderheit stellt die Energieversorgung dar. Die rechte Haushälfte richtete Frank als Gashaus, die linke als Elektrohaus ein. Dies betraf die Heizung, aber auch den Herd, den Kühlschrank oder die Waschmaschine. Das Ziel war es, innovative Energieformen zu erproben.

28-30
Mart Stam

Reihenhäuser

Reihenhäuser Drei
Quadratmeter (beide links) Hundertfünf
Quadratmeter (rechts) Hundertelf

Die beiden linken Häuser mit 105 qm. Dort ist das Wohnzimmer mit einem tiefer liegenden Gartenzimmer verbunden. Das rechte Haus mit 111 qm, seitlich durch ein Arbeitszimmer mit Dachterrasse und Wendeltreppe ergänzt. Mischkonstruktion aus Eisenskelett- und Massivbauweise, Wände aus Bimshohlblocksteine, Eisenbeton-Hohlkörperdecken.

Im Inneren demonstrierte Stam die Entkoppelung von Tragwerk und Grundriss durch eine freistehende Eisenstütze. Zwei Drittel der Erdgeschoss-Fläche lassen sich durch eine Schiebewand zu einem großen Wohnraum verbinden. Auch im Obergeschoss kann das Bad mittels mobilen Wandelementen dem Flur als Gymnastikraum zugeschlagen werden. Kritisiert wurde das kleine Mädchenzimmer, das nur ein Fenster zum Treppenflur besaß.

Mart Stam zeigte in seinen Häusern den „hinterbeinlosen Stuhl“, der als einer der ersten Kragstühle eine Revolution im Möbelbau einleitete. Die Außenfarbigkeit mit lavendelblauer Straßenfassade und ockerfarbigem Anstrich der übrigen Gebäudeseiten ist durch Beschreibungen und Farbanalysen belegt.

33
Hans Scharoun

Einfamilienhaus

Quadratmeter Hundertsieben

Eisenskelettbau, mit Wärmedämmplatten ausgefacht, mit Bimsstein- oder Gipsplatten verkleidet.

Das Haus ist von innen nach außen entwickelt und auf die Umgebung bezogen. Seine Gestalt basiert auf den Wohnfunktionen, die durch Einbaumöbel markiert werden, z.B. durch ein Sideboard im Esszimmer, ein Sofa im Wohnzimmer oder die inselartige Kombination aus Herd, Spüle und Arbeitstisch in der Küche. Mit geometrischen Farbflächen und Raumachsen setzte Scharoun den Innen- und Außenraum in Beziehung. So fasst die rote Deckenfläche den Essplatz im Wohnzimmer und den Sitzplatz auf der Terrasse zusammen.

Die äußere Form des Hauses wirkt frei aufgelöst und unsymmetrisch. Einzelne Räume zeichnen sich als geometrische Körper ab und machen Bewegungsabläufe im Inneren sichtbar. Deutlich zeigt dies vor allem die Treppe vom Erdgeschoss ins Obergeschoss. Wie ein Mantel legt sie sich um die gerundete Hausecke.

In den 1950er Jahren konnte Scharoun vier Wohnanlagen in der näheren Umgebung realisieren, von denen die Hochhausgruppe „Romeo und Julia“ in Stuttgart-Zuffenhausen die bekannteste ist.

31+32
Peter Behrens

Terrassenhaus

Geschosse Eins bis Vier
Wohnungen Zwölf
Zimmer Drei oder Vier
Quadratmeter Vierundfünfzig oder Sechzig

Mauerwerksbau aus Bimshohlblocksteinen, Eisenbetondecken.

Behrens hatte die Baukörper so ineinander verschachtelt, dass ein Geschoss für das jeweils darüber liegende als Terrasse fungieren konnte. Der Zugang zu Licht und Sonne war so für alle Bewohner im Haus gewährleistet. Das Terrassenhaus war für Behrens ein idealer Prototyp des städtischen Mietshauses. Er hoffte damit, Volkskrankheiten wie die Tuberkulose zu bekämpfen.

Die 1950 auf einzelnen Gebäudeteilen errichtet Satteldächer und Terrassenüberbauungen wurden in den 1980er Jahren wieder entfernt.

Von den vielfältigen Inneneinrichtungen fielen vor allem die z-förmigen „Sitzgeiststühle“ der Stuttgarter Architekten Heinz und Bodo Rasch auf, die aus dünnem, gewölbtem Sperrholz bestanden.